Myopie-Management

Kurzsichtigkeit (= Myopie) sollte so früh wie möglich erkannt werden, um dagegenzuwirken und schwerwiegende Augenerkrankungen im Alter vorzubeugen bzw. rechtzeitig behandeln zu können.

Über Myopie-Management – MyM

In Zeiten, wo Homeschooling und Homeoffice, Smartphones und Tablets immer wichtiger werden, geht auch die Zahl der Kurzsichtigen nach oben. Vor allem Kinder und Jugendliche sind immer häufiger betroffen.

Was viele nicht wissen, ist, dass die Wahrscheinlichkeit später an einer Augenkrankheit zu leiden wesentlich höher ist als bei Menschen ohne Sehschwäche. Früherkennung, Vorbeugung und vor allem Eindämmung ist in jungen Jahren essenziell.

Bereits über 40% aller 20- bis 30-Jährigen in Europa sind kurzsichtig – 2050 soll das auf rund die Hälfte der gesamten Weltbevölkerung zutreffen. Aber nicht nur die Anzahl der Kurzsichtigen steigt, sondern auch die Höhe der Myopie (Kurzsichtigkeit). Dafür, dass die Kinder von heute auch morgen noch möglichst gut und gesund sehen können, arbeiten weltweit Augenärzte/innen und Augenoptiker/innen zusammen.

Kurzsichtigkeit in der Kindheit = Risiko für später

Je stärker die Kurzsichtigkeit ist, desto größer wird das Risiko diverser Augenerkrankungen, wie zum Beispiel Netzhautablösung oder Makuladegeneration. Schon bei einer Myopie zwischen -5 und -7 Dioptrien ist das Risiko dauerhafter Schäden des Sehvermögens 20-mal so groß wie ohne Sehschwäche.

Was ist Kurzsichtigkeit eigentlich?

Kurzsichtigkeit entsteht meist dadurch, dass der Augapfel physikalisch gesehen zu lang ist. Beim Sehen fällt das Licht eines entfernten Gegenstands durch die Augenlinse auf die Netzhaut. Die Augenlinse bricht die Strahlen in einem bestimmten Winkel nach innen. Der Winkel wird gesteuert von Muskeln, die die Linsenkrümmung und damit die Brennweite der Linse verändern. Diese Muskeln sind bei der Nahsicht angespannt, die Linse ist mehr gekrümmt. Das Bild wird auf der Netzhaut scharf abgebildet.

Beim Sehen in die Ferne entspannen sich die Muskeln, die Linse wird flacher und die Brennweite länger. Da der Augapfel eines Kurzsichtigen zu lang ist, wird das Bild kurz vor der Netzhaut abgebildet. So erzeugt ein um einen Millimeter zu langes Auge beim Erwachsenen eine Myopie von -2.7 Dioptrien.

Kurzsichtigkeit entwickelt sich meistens zwischen dem 6. und dem 25. Lebensjahr. Warum der Augapfel bei manchen Menschen zu lang wird, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Als Grund wir Veranlagung, ethnische Abstammung und Umweltfaktoren genannt, vor allem der Lifestyle trägt heutzutage einiges bei.

Heute verbringen Kinder viel mehr Zeit drinnen – beim Lesen und Schreiben in der Schule, mit einem Buch, vor dem PC oder Smartphone und zu Hause vor dem Fernseher, als sie das noch vor einigen Jahren taten. Dieses ständige Nahsehen und vielleicht auch der Mangel an Tageslicht, scheinen Kurzsichtigkeit zu begünstigen.

Für eine gesunde Entwicklung, nicht nur der Augen, sondern des ganzen Körpers, spielt unter anderem das Zusammenspiel der Hormone Melatonin und Cortisol eine große Rolle. Das gilt nicht nur in der Kindheit, sondern für uns Erwachsene genauso. Frische Luft und Sonnenstrahlen in Maßen, hält gesund und hebt das Gemüt. Auch wir sollten uns regelmäßig eine Kurze Auszeit gönnen und den Blick in die Ferne schweifen lassen.

Toller Tipp hier zu: 20-20-20 Regel – Man sollte alle 20 Minuten für min. 20 Sekunden auf ein Objekt mit min. 20 Fuß (ca.6m) Abstand schauen.

Korrektion und hyperopen Defokus

Bei Kindern wird Kurzsichtigkeit in aller Regel mit einer Brille korrigiert. Für die Berechnung der Gläser wird die Netzhautmitte als Fokuspunkt und Bezugspunkt angesetzt. Somit gleicht ein Einstärken-Brillenglas die Fehlsichtigkeit im Zentrum optimal aus, in der Peripherie kommt es hingegen zu einer Überkorrektur, sodass die Schärfenebene dort hinter der Netzhaut liegt. Das passiert übrigens auch beim Blinzeln oder wenn kurzsichtige Menschen mit sehr wenig Abstand in einem Buch lesen.

Das Problem dabei: Die Überkorrektur in der Peripherie, auch „hyperoper Defokus“ genannt, regt das Längenwachstum des Auges an und fördert ein Fortschreiten der Kurzsichtigkeit.

„Die Myopieforschung hat gezeigt, dass die Seherfahrung eine wichtige Rolle beim Längenwachstum des Auges spielt: Das Auge wächst der Schärfenebene hinterher. Eine Überkorrektur in der Peripherie kann das Längenwachstum des Auges anregen.“

Kurzsichtigkeit im Schlaf begrenzen

Um die sogenannte Myopie-Progression – also die fortschreitende Kurzsichtigkeit – aufzuhalten, gibt es verschiedene Korrektionsansätze. Unter anderem sogenannte orthokeratologische Kontakt­linsen (Ortho-K). Diese werden nur nachts getragen und korrigieren die Kurzsichtigkeit im Schlaf. Um das zu erreichen, modellieren diese speziellen formstabilen, hoch sauerstoffdurchlässigen Kontaktlinsen sanft die elastische Hornhaut in die richtige Form für scharfe Sicht. Am nächsten Tag können kleine und große Träger dieser Kontaktlinsen dann ganz ohne Sehhilfe scharf sehen.

Wie Studien und die Erfahrungen von Kontaktlinsen-Experten auf der ganzen Welt gezeigt haben, können orthokeratologische Kontaktlinsen auch die Myopie-Progression begrenzen. Einen besonderen Vorteil für unsere kleinen Kunden: Tagsüber können die Kinder ganz ohne Brille oder Kontaktlinsen scharf sehen – und müssen in der Schule, bei Sport oder Spiel keine Rücksicht mehr auf Brille oder Kontaktlinsen nehmen. Als Alternative zu den Nacht­linsen bieten wir außerdem spezielle weiche Kon­taktlinsen an, die tagsüber getragen werden und eben­falls die Zunahme der Kurzsichtigkeit aufhalten können.

MyM mit weichen Kontaktlinsen

Diese spezielle weiche Kontaktlinse ist auch für Träger geeignet, die mehr als -6,00 Dioptrien haben, also auch dann, wenn Ortho-K nicht mehr in Frage kommt. Der Aufbau der MyM ist vom Prinzip her der gleiche wie der, der Ortho-K Linse. Die Bildschale, die bei der herkömmlichen Korrektion an der Netzhaut entsteht, wird auch hier anders gebeugt und gibt so den Rezeptoren auf der Netzhaut keinen Anreiz mehr weiter zu wachsen.

Die MyM hat im äußeren Rand der Linse einen Bereich, in dem sie positiv korrigiert ist, daher dauert es auch bei dieser Linse einige Tage, bis der Träger sich daran gewöhnt hat. Diesen Aufbau kennt man auch aus der Multifokalkorrektion, die bei Presbyopie (Alterssichtigkeit) zum Einsatz kommt.

Myopie-Kontrolle mit Spezialgläsern

Aktuell gibt es nur zwei Glashersteller auf dem Markt, die diese Speziellen Gläser fertigen. Das MiYOSMART wurde von der Firma HOYA in Zusammenarbeit mit dem Forschungspartner der Hong Kong Polytechnic University (PolyU) entwickelt und 2018 erstmals in Asien eingeführt. Das MyCON von Rodenstock, welches wir unseren Kunden anbieten, wurde erst 2023 auf den Markt gebracht und hält was es verspricht.

Beide Gläser korrigieren die Kurzsichtigkeit nur im Zentrum vollständig, in der Peripherie bleibt das Auge kurzsichtig. Dadurch wird praktisch eine zweite Schärfenebene in der Peripherie eingezogen, deren Brennpunkt vor der Netzhaut liegt. Dadurch wird das Augenlängenwachstum nicht angeregt und ein Fortschreiten der Myopie um 60 Prozent verlangsamt.

Weder für das Kind noch für Außenstehende ist die innovative Optik des Brillenglases zu erkennen. Nach 1-2 Tagen Eingewöhnung nehmen Kinder die besondere Optik der Myopiekontrollgläser nicht mehr bewusst wahr. Ihre Sehfähigkeit ist absolut vergleichbar mit der einer herkömmlichen Brillenkorrektur, das Kontrastsehen und das Sehen in der Peripherie eingeschlossen. EIne vollständige Eingewöhnung kann allerdeings auch bis zu zwei Wochen dauern.

Infrage kommen diese Spezialgläser für Kinder, deren Myopie vor dem 10. Lebensjahr festgestellt wurde. Insbesondere dann, wenn auch die Eltern myop sind. Im Rahmen einer augenärztlichen Untersuchung wird die Stärke der Fehlsichtigkeit und die Augenlänge untersucht und bei Bedarf eine Spezialbrille verordnet. Nach zwei Wochen sollte eine Kontrolle durch den Arzt erfolgen. Das Glas kann schon ab 0,5 dpt Kurzsichtigkeit verwendet werden.

Da die Gläser keine Nebenwirkungen haben und sich für Außenstehende nicht von herkömmlichen Brillen unterscheiden, sollten die Gläser wenigstens bis zum Ende von Ausbildung oder Studium getragen werden. Denn die Kurzsichtigkeit kann auch in dieser Zeit noch voranschreiten, weil man sehr viel lernen muss, oft bei schlechtem Licht hinter Büchern sitzt und weniger Gelegenheit hat, sich im Freien aufzuhalten.

Myopie hemmen mit Augentropfen

Eine hemmende Wirkung auf das Fortschreiten der Myopie, können auch Augentropfen haben, welche den aus Nachtschattengewächsen wie Stechapfel oder Tollkirsche gewonnenen Wirkstoff „Atropin“ beinhalten. Diese werden ausschließlich von Augenärzten/innen verschrieben und müssen in der Apotheke gekauft werden. Es handelt sich aktuell noch um sog. Off-Label Anwendung (es gibt keine Produkthaftung durch einen pharmazeutischen Hersteller).

Trotz dieser Therapie ist eine Versorgung mit Brille oder Kontaktlinsen nötig. Diese Tropfen sollen lediglich das Längenwachstum eindämmen.

Über die Gabe von Atropin wird gestritten, da die Dauerbelastung mit dem Wirkstoff nicht ausreichend getestet ist und es zu einigen Nebenwirkungen wie z.B. Akkommodationsminderung von ca. 4,9 dpt, Vergrößerung der Pupille um ca. 1mm, Photophobie, Allergische Konjunktivitis und Dermatitis kommen kann. Dieses Medikament wird 1x täglich in den Bindehautsack eingetropft.


Was Eltern gegen fortschreitende Kurzsichtigkeit tun können

Eltern können auch selbst für die Augen­gesundheit ihrer Kinder aktiv werden und sogar dafür sorgen, dass erst gar keine Kurzsichtigkeit entsteht. Da­bei geht es unter anderem darum, dass Kinder nicht zu lange auf kurze Entfernungen sehen sollten, wie zum Beispiel beim Blick auf Smartphone oder Tablet. Wenn Kinder zu viel Zeit im sogenann­ten Nahsehmodus verbringen, kann das zum Wachstum der Augen und damit zu wachsender Kurzsichtigkeit führen. Außerdem hat die Forschung gezeigt, dass Tageslicht wichtig ist, um die Myopie-Progression aufzuhal­ten. Deshalb sollten sich Kinder täglich min­destens zwei Stunden lang im Freien aufhalten.

Um Eltern und Kinder langfristig optimal beraten und begleiten zu können, bilden wir uns regelmäßig weiter. Im Bereich Myopie-Management wird weltweit zurzeit sehr viel geforscht. Wer kurzsichtige Kinder und ihre Eltern optimal betreuen will, muss deshalb immer up to date sein. Mit Myopie-Management lässt sich der Fortschritt der Kurzsichtigkeit stark reduzieren und so das Risiko späte­rer Erkrankungen teilweise deutlich senken. Wichtig ist dabei vor allem, dass das Risiko möglichst früh erkannt wird und wir recht­zeitig mit der Behandlung starten.

Uns liegt das Wohl Ihrer Augen, und das Ihrer Kinder sehr am Herzen. Wir freuen uns schon sehr darauf Sie bald in unseren Räumlichkeiten begrüßen zu dürfen. Gerne bieten wir auch für Myopie Kontrolle ein kostenloses Beratungsgespräch an.

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